Teleskop: Celestron CPC 11
Kamera: Canon EOS 1200 Da
Filter: Astronomic CCD CLS
Brennweitenreduzierung: Starizona Hyperstar 3 for C11
Software: DeepSkyStacker, Adobe Photoshop CS5; PixInsight
Zubehör: Lacerta MGEN2 mit 8x50Sucher
Auflösung: 3906x2602; Datum: 18. Oktober 2014
Aufnahmedauer: 4 Stunden
Standorte: Heimsternwarte, Wals, Salzburg, Österreich
Auf einem Blick:
Deutscher Name | Kaliforniennebel |
Englischer Name | California Nebula |
Katalogbezeichnungen | NGC 1499 |
Rektaszension | 4h 03m 12s |
Deklination | +36° 21' |
Äquinoktium | 2000.0 |
Helligkeit | +5,0m |
Entfernung | ~1000 Lichtjahre |
Scheinbarer Durchmesser | 160 × 40 Bogenminuten |
Sternbild | Perseus |
Objektinformation:
“California-Nebel”, das klingt nach Strand und Sonne. In der Tat spielt eine „Sonne“ bei dieser HII-Region eine wichtige Rolle: der Stern ξ im Perseus. Er bringt den Nebel zum Leuchten.
Der Name bedeutet einfach, dass die Form des Nebels (mit viel Fantasie) an den amerikanischen Bundesstaat Kalifornien erinnert.
Dabei steht das Objekt, was den Bekanntheitsgrad angeht, wie auch in der irdischen Geografie, im Schatten des „Nordamerikanebels“ im Schwan. Die Bezeichnung NGC 1499 zeigt, dass das Objekt bereits vor 1888, dem Erscheinungsjahr des NGC, bekannt gewesen ist.
Begibt man sich in die altehrwürdige Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow, so findet man in der Ausstellung ein Poster auf dem NGC 1499 zu sehen ist, mit einem „Ausschnitt der Publikation Archenholds über die Entdeckung des California-Nebels im Perseus (1892)“. Gezeigt wird Simon Archenholds Publikation in den Astronomischen Nachrichten Nr. 3082 (die allerdings von 1891 ist) mit dem Titel „Ein ausgedehnter Nebel bei ξ Persei“ [1]. Er fand das Objekt auf einer Aufnahme, die am 27. Oktober 1891 mit der 3,1" f/2,5 Busch Portraitlinse in Halensee bei Berlin gemacht wurde (Belichtungszeit 32 min).
Gebührt der Ruhm des Entdeckers also Archenhold?
Ein energischer Einspruch kam im November 1895 von Edward Emerson Barnard [2]. Er machte deutlich, dass er den Nebel bis dato bereits fünfmal mit der 6“ Willard-Linse des Lick Observatory fotografiert hatte. Was aber noch schwerer wiegt, ist seine unmissverständliche Feststellung: „This nebula was discovered by me some six years previous to Dr. Archenhold’s photograph, vis., 1885, November 3, with the 6-inch Cooke Equatorial of Vanderbild University Observatory.”
Was Barnard nicht zitiert, ist seine im populärastronomischen Magazin „Sidereal Messenger“ von 1886 erschienene Entdeckungsnachricht [3].
Hier gibt es eine interessante Beschreibung seiner Beobachtung: „excessively faint, but rather large […] probably about ½° long“, also ein Objekt mit extrem geringer Flächenhelligkeit. Er konnte es nur sehen „by directing the vision slightly to one side of its place, […] it then flashes out feebly“. Dies ist eine wunderbare Beschreibung der unter heutigen Deep-Sky-Beobachtern so beliebten Technik des „indirekten Sehens“ [4].
Wußte Archenhold von Barnards Notiz? Offenbar nicht. Was er aber kannte, ist der Eintrag des Nebels im New General Catalogue von 1888! Dazu bemerkt er lapidar: „Der neue Dreyer’sche Nebelcatalog führt hier [Koordinaten] unter Nr. 1499 den folgenden von Barnard entdeckten Nebel auf…“. Sein Fund ist mit über 3° wesentlich ausgedehnter; der Barnardsche Nebel erscheint ihm wohl nur als hellster Teil. Er versuchte den Nebel mit dem 12“ Bamberg-Refraktor und einem 6“ Kometensucher visuell zu beobachten. Selbst bei schwächster Vergrößerung deuteten sich nur die nördlichen Partien schwach an. Archenholds Berliner Kollege Julius Scheiner fotografierte NGC 1499 mehrfach im November 1892 an der Potsdamer Sternwarte mit einem 4" f/3,3 Voigtländer Euryskop (Belichtungszeiten 1 bis 6 Std.). In seiner Publikation [5] schreibt er: „Auf photographischem Wege ist von Herrn Archenhold gefunden worden, dass der von Barnard entdeckte Nebel bei ξ Persei eine beträchtlich größere Ausdehnung besitzt, als nach den Katalogangaben anzunehmen ist.“ Scheiner liefert eine schöne Skizze des Nebels, die anhand seiner Aufnahmen entstanden ist (Abb. 1).
Neben den Aufnahmen von Barnard (s. auch [6]), Archenhold und Scheiner gibt es weitere von Roberts, Wolf, Kerolyr, Curtis u.a. – NGC 1499 war also schon immer ein beliebtes Objekt! Abb. 1: Scheiners Skizze von NGC 1499 (aus [5]) 2 Kommen wir zur Astrophysik von NGC 1499. Wie so oft machte Hubble den Anfang [7], als er 1920 das Spektrum mit einem Objektivprisma aufnahm. Aufgrund der geringen Flächenhelligkeit war ein direktes (okularseitiges) Spektrum nicht zu gewinnen.
Die Aufnahmen zeigten ein Emissionsspektrum mit Hβ und Hγ als hellsten Linien (bereits Max Wolf hatte 1908 „zarte monochromatische Bilder in der Emissionslinie [Hβ]“ entdeckt [8]). In seiner großen Arbeit von 1922 [9] begründete Hubble die Astrophysik dieser, heute als HII-Regionen bezeichneten Gasnebel (hier wird auch NGC 1499 diskutiert). Ursache des Leuchtens ist ein naher, heißer Stern, den er in der nachfolgenden Publikation [10] als ξ Per identifiziert (ca. 40’ südlich). Die ultraviolette Strahlung dieses jungen, blau-weißen Hauptreihensterns (Typ O7e) schlägt beim Auftreffen ein Elektron aus dem Wasserstoffatom (H) heraus. Bei der Rekombination (dem Wiedereinfang eines Elektrons) wird Strahlung emittiert – das typische rote Leuchten entsteht [4]. Trotz der hohen Temperatur des Sterns gehört NGC 1499 zu den „low-excitation“ Nebeln. Offenbar ist der (frühe) Spektraltyp des Sterns nicht unmittelbar ausschlaggebend für die Stärke der Anregung im Nebel, wie bereits Greenstein und Henyey festgestellt haben [11].
ξ Persei gehört zur Per OB2 Assoziation (Blauuw 1952), die ein Entfernung von ca. 1200 Lj hat. Die Masse des California-Nebels beträgt ca. 240 Sonnenmassen. NGC 1499 wurde als Nr. 220 in den bekannten Katalog der HII Regionen von Stewart Sharpless aufgenommen [12]. Weiter Bezeichnungen sind Ced 26, LBN 756, MRSL 33 und GN 03.57.4.
Ende 1981 stellte Walter Scott Houson die Frage, ob NGC 1499 bereits mit bloßem Auge sichtbar sei – unter Verwendung eines Linienfilters [13]. Aufgrund seiner visuellen Helligkeit von ca. 5 mag sollte dies möglich sein. In der Tat bekam er positive Antworten. Über frühe visuelle Fernrohrbeobachtungen hierzulande berichtet z.B. Karl Buse [14].
Daten Objekt NGC 1499 Sternbild Perseus Koordinaten 4 03.2 +36 22 Typ Emissionsnebel Größe 160’ x 40’ vis. Helligkeit ca. 5 mag Entfernung ca. 1200 Lj
Literaturhinweise [1] Archenhold, F. S., Ein ausgedehnter Nebel bei ξ Persei, Astron. Nachr. [3082] 129, 153 (1891) [2] Barnard, E. E., Photograph of the nebula N.G.C. 1499 near the star ξ Persei, Astrophys. J. 2, 350 (1895) [3] Barnard, E. E., An excessively faint nabua, Sidereal Messenger 5, 27 (1886) [4] VdS-Fachgruppe Deep-Sky, Praxishandbuch Deep Sky, Kosmos-Verlag 2004 [5] Scheiner, J., Ueber den grossen Nebel bei ξ Persei, Astron. Nachr. [3157] 132, 203 (1893) [6] Barnard, E. E., Photographs of the Milky Way and Comets, Publ. Lick Obs. 11, 1 (1913) [7] Hubble, E., The spectrum of N.G.C. 1499, Publ. Astron. Soc. Pac. 32, 155 (1920) [8] Wolf, M., Über das Spektrum der Höhlennebel, Astron. Nachr. [4875] 204, 41 (1917) [9] Hubble, E., A general study of diffuse galactic nebulae, Astrophys. J. 56, 162 (1922) [10] Hubble, E., The source of luminosity in galactic nebulae, Astrophys. J. 56, 400 (1922) [11] Greenstein, J. L., Henyey, L. G., Some new spectra of galactic nebulae, Astrophys. J. 87, 79 (1938) [12} Sharpless, S., A catalogue of HII regions, Astrophys. J. Suppl. 4, 257 (1959) [13] Houston, W. S., Deep-Sky Wonders, Sky Publ. Corp. 1999, S. 33 [14] Buse, K., Von der Katalog-Nummer zum Fernrohrerlebnis, SuW 10/1982, S. 434
Text: Dr. Wolfgang Steinicke